Sale: 498 / Art of the 19th Century, July 18. 2020 in Munich Lot 582

 

582
Martin Brandenburg
Das Licht der Welt, Um 1909.
Oil on cardboard
Estimate:
€ 3,000 / $ 3,240
Sold:
€ 3,625 / $ 3,915

(incl. surcharge)
Das Licht der Welt. Um 1909.
Oil on cardboard.
Inscribed "Wird ein Schwert durch deine Seele dringen und er wird gesetzt zu einem Fall u. Auferstehen Vieler" (Yea, a sword shall pierce through thy own soul also that the thoughts of many hearts may be revealed.) in red in lower margin. Verso inscribed with the same bible verse and the artist's name. Board with irregular margins, up to 125 x 84 cm (49.2 x 33 in).

PROVENANCE: Private collection Southern Germany (acquired from the artist, verso with a label from the first owner, ever since in family-owned).

Martin Brandenburg bewegt sich mit seinen fantastisch-mythologischen und religiösen Themen im Umkreis des Symbolismus der Jahrhundertwende, nicht unbeeinflusst von den geschwungenen, bewegten Linien des Jugendstils, die in vielen seiner Gemälde durch expressive Farbkraft gesteigert werden. Von zeitgenössischen Kritikern mit Arnold Böcklin und Franz von Stuck verglichen, erkundet Brandenburg ebenfalls die tieferen Regionen der Seele, wobei bei ihm oftmals ein mystizistisch-spiritueller Unterton mitschwingt. Rhythmus, Tanz, Musik und Bewegung, charakteristisch für die Zeit um die Jahrhundertwende, bestimmen ebenfalls etliche seiner Motive, die oftmals Empfindungs- und Phantasiewelten wiedergeben. Auch biblische Figuren tauchen bei ihm zumeist weniger als Teil der Erzählung des christlichen Heilsgeschehens, sondern vielmehr als psychologische Archetypen und seelische Gestimmtheiten auf. So wird ein traditionelles Motiv aus dem Neuen Testament, die Darbringung im Tempel des Jesuskindes 40 Tage nach dessen Geburt, zur überwältigenden Darstellung von Leid, Hoffnung und Erlösung. Im Zitat der im Tempel an Maria gerichteten Worte Simeons (Lukasevangelium 2:34-35), am unteren Bildrand in blutroter Farbe bezeichnet, wird ihr ihr Schicksal und das ihres Sohnes als Messias und „Licht der Welt“ prophezeit. In dramatischer Pose kniet die ungewöhnlich rothaarig dargestellte Maria in mystischem Halbdunkel vor dem antikisierenden Tempelportal und präsentiert schicksalsergeben das Jesuskind, hinter dem sich ein leuchtendes Kreuz abzeichnet. Dunkelheit und Licht als elementare Zeichen unterstreichen nicht nur das dramatische Pathos der Szene. Der Tag der Präsentation Jesu im Tempel ist im liturgischen Kalender zugleich eines der ältesten christlichen Feste: an Mariä Lichtmess werden Kerzen geweiht und Lichterprozessionen veranstaltet, zudem sind die Tage merklich länger geworden. Zu beiden Seiten des altarartigen Aufgangs zeigt Brandenburg mit Nägeln gespickte Kerzen, die ebenfalls zur Symbolik des Leidens und der Erlösung beitragen. So wird auf faszinierende Weise aus der christlichen Erzählung ein allgemeingültiger, überzeitlicher Gefühlsgehalt herausgelöst, bei dem der Mensch den Mächten des Schicksals ausgeliefert ist und dennoch Hoffnung besteht. Obgleich oben rechts als Skizze bezeichnet, ist das Gemälde von einem hohen Grad malerischer Ausarbeitung, zumal ein dazugehöriges ausgeführtes Gemälde bisher nicht bekannt ist. Weitere Werke Martin Brandenburgs, dessen Oeuvre noch auf seine Entdeckung wartet, befinden sich in den Berliner Staatsgemäldesammlungen und dem Museum Bröhan in Berlin, außerdem im Muzeum Narodowe in seinem Geburtsort Poznán. [KT]



582
Martin Brandenburg
Das Licht der Welt, Um 1909.
Oil on cardboard
Estimate:
€ 3,000 / $ 3,240
Sold:
€ 3,625 / $ 3,915

(incl. surcharge)