Sale: 294 / Rare Books, May 23./24. 2005 Lot 1331

 
Heinrich Schliemann - 1 eigh. Brief m. U. (an den Vater E. Schliemann).


1331
Heinrich Schliemann
1 eigh. Brief m. U. (an den Vater E. Schliemann)., 1851.
Estimate:
€ 2,000 / $ 2,160
Sold:
€ 11,700 / $ 12,636

(incl. surcharge)
Schliemann, Heinrich, Archäologe, 1822-1890. Eigh. Brief m. U. Washington, 23. II. 1851. 2 S. (engbeschrieben). 4to. - Mit Adresse und Siegelrest.
Früher und ausführlicher Reisebericht aus Amerika an den Vater Ernst Schliemann in Deutsch-Eylau, Westpreußen.

"... Wie Du weißt schiffte ich mich am 28 Decbr. in Liverpool nach New York ein. Aber nachdem wir 9 1/2 Tage auf See waren, brach uns die Dampfmaschine u obgleich schon 1800 engl Meilen vor England entfernt mußten wir umkehren u langten am 22 Januar wieder in Cork in Irland an. Ich ging von dort über Dublin, Liverpool, London & Antwerpen nach Amsterdam zurück u. schiffte mich am 1 Febr in Liverpool auf dem Dampfboote 'Africa' nach New York ein. Nach einer stürmischen Reise von 14 1/2 Tagen kam ich am 15 ds Mts in New York an u. um dies herrliche Land näher kennen zu lernen ging ich am 20 ds über Philadelphia & Baltimore nach Washington, wo ich am Tage darauf ankam. Ich besuchte hier bereits verschiedene Male die Sitzungen des Senats u der Deputirten-Kammer im Capitolium, besuchte den Presidenten der Vereinigten Staaten, der mich in seine Familie einführte, fuhr gestern nach dem Berge Vernon wo der große Washington begraben liegt, dem dies Land seine Freiheit, diese Stadt aber ihre Gründung u ihren Namen verdankt u ich kann Dir garnicht sagen, wie sehr ich mich hier belustige u. wie glücklich ich mich im schönen America fühle. Den einliegenden Bananen-Strauch flückte ich gestern beym Flusse Potomac auf dem Berge Vernon auf dem Grabe von Washington. Dringend bitte ich Dich, schicke sogleich bey Durchlesung diesen Brief zusammen mit dem Banananzweige zur Schwester in Vipperow. u. ersuche dieselbe den Zweig zu meinem Andenken u. als Talisman für sich selbst aufzubewahren. - Morgen wohne ich wiederum den Sitzungen im Capitolium bey u morgen Abend um 5 Uhr fahre ich nach Philadelphia, wo ich mich wohl 2 Tage aufhalten u. belustigen werde. - Am 27 ds bin ich wieder in New York u am 28ten ds bin ich mit dem Dampfboote Crescent City nach Chagres auf der Landenge von Panama. - Ich überschreite die gebirgige Landenge auf Mauleseln u. schiffe mich am 15. März mit dem Dampfboote 'California' nach San Francisco ein. In letzterem Orte bleibe ich wohl einige Wochen u. gehe dann per Dampfer nach Canton in China u später über Ostindien, Arabien u. Egypten nach Europa zurück. Diese Reise hat mir schon tausende gekostet u wird mir noch viele tausende kosten, aber die vielen nützlichen Kenntnisse u Erfahrungen die ich bey jedem Schritte einsammele sind unbezahlbar (...) - Es ist hier eine africanische Hitze u man schwitzt schrecklich wenn man im dünnen Sommerrocke ausgeht. Um diesen Brief sicher an Dich gelangen zu laßen, schließe ich denselben nach St. Petersburg bey. Ich bin sehr wohl, werde aber leider sehr dick unter dem segnenden Einfluße des herrlichen Climas u der wunderschönen Speisen. Nie in meinem Leben habe ich so herrliche Austern gegeßen als hier. Einen ganzen Scheffel Austern kann man hier für fünfzehn Silbergroschen kaufen. Man ißt hier die Austern niemanls roh u immer gebraten, gesmort oder eingemacht ..."

Einiges aus diesem Brief findet sich mit teils ähnlichen Worten auch in seinem Amerikatagebuch. Weniger bekannt dürfte sein, daß Schliemann offensichtlich nicht nur Amerika, sondern auch Asien und den Vorderen Orient bereisen wollte. Entgegen dieser ursprünglichen Absicht kehrte er jedoch nach einem längeren Kalifornienaufenthalt im August 1852 direkt nach St. Petersburg zurück. In den Orient reiste Schliemann erstmals 1859, nach China und Ostindien erst 1864. - Vermutlich weil gerade kein zweiter Briefbogen zur Hand war, hat Schliemann - nachdem er die Rückseite des Bogens vollgeschrieben hatte - einfach auf der Vorderseite weitergeschrieben, und zwar in Querrichtung über das Erstgeschriebene (siehe Abb.). Seine saubere Handschrift ist indessen auch hier gut zu lesen. - Frühe Briefe Schliemanns, insbesondere aus der Zeit seines Amerika-Aufenthalts, sind im Handel von größter Seltenheit.




1331
Heinrich Schliemann
1 eigh. Brief m. U. (an den Vater E. Schliemann)., 1851.
Estimate:
€ 2,000 / $ 2,160
Sold:
€ 11,700 / $ 12,636

(incl. surcharge)