Sale: 590 / Evening Sale, June 06. 2025 in Munich button next Lot 125000496

 

125000496
Jean Dubuffet
Lampe et Balance I, 1964.
Oil on canvas
Estimate:
€ 500,000 - 700,000

 
$ 540,000 - 756,000

Information on buyer's premium, taxation and resale right compensation will be available four weeks before the auction.
Lampe et Balance I. 1964.
Öl auf Leinwand.
Unten mittig signiert und datiert. Verso auf der Leinwand erneut signiert, datiert "juillet 64" und betitelt. 97 x 130 cm (38,1 x 51,1 in).
[AR].

• Virtuoser Balanceakt zwischen Stillleben und maximaler Auflösung des Gegenstands.
• Jean Dubuffet gilt als großer Erneuerer der europäischen Nachkriegsmalerei und setzt spielerisch unsere Sehgewohnheiten außer Kraft.
• Aus dem gefeierten "L'Hourloupe"-Zyklus, dem längsten im Schaffen des Künstlers (1962-1974).
• Im Entstehungsjahr werden erstmals Arbeiten dieser Werkgruppe ausgestellt (Palazzo Grassi, Venedig).
• 2025 widmete die Pace Gallery, New York, den "L'Hourloupe"-Arbeiten eine große Einzelausstellung; als erste amerikanische Galerie stellte sie bereits 1968 seine Werke aus.
• Bedeutende Provenienz: aus der Sammlung von Dr. Jaqueline Porret-Forel, große Förderin der Art brut und Gründungsmitglied der "Collection de l’Art Brut" in Lausanne
.

PROVENIENZ: Dr. Jacqueline Porret-Forel, Paris (1966 als Geschenk vom Künstler erhalten).
Sammlung Vereinigte Arabische Emirate.
Sammlung Europa.

AUSSTELLUNG: Jean Dubuffet, Galerie Georges Moss, Genf, Nov. 1969 - Jan. 1970, Kat.-Nr. 8.

LITERATUR: Max Loreau, Catalogue des travaux de Jean Dubuffet, Fascicule XX: L'Hourloupe I, Paris, 1966, WVZ-Nr. 367 (m. Abb. S. 168).

Jean Dubuffet und die Art brut
Bis heute gilt Jean Dubuffet als großer Erneuer der europäischen Nachkriegsmalerei. Obwohl er über einige Umwege zur Malerei findet, zeigt sich schon zu Schulzeiten seine Neigung zur bildenden Kunst. Eine erste Reise nach Paris im Jahr 1918 ist mit der Absicht verbunden, Künstler zu werden. Für sechs Monate besucht er Malkurse an der Académie Julian, gibt dann aber das Studium auf. Nach einer Italienreise und seinem Militärdienst kehrt er 1925 in seinen Geburtsort Le Havre zurück und betätigt sich dort zunächst im elterlichen Weinhandel. Die endgültige Entscheidung, sich ausschließlich der Kunst zu widmen, fällt 1942 in Paris. Bereits zwei Jahre später hat er dort seine erste Einzelausstellung in der damaligen, führenden Avantgarde-Galerie René Drouin. Unter dem Eindruck der unverstellten Ausdrucksformen von Kindern, Laien und psychisch kranken Menschen gelangt Dubuffet zu einer grundlegenden Ablehnung der ästhetischen und moralischen Wertvorstellungen der westlichen Kultur. Nach einer Schweiz-Reise beginnt er Kunstgegenstände jenseits kultureller Normen zu sammeln und prägt für diese den Begriff "art brut", wenig später schreibt er dazu: "Die wahre Kunst ist immer da, wo man sie nicht erwartet. Da, wo niemand an sie denkt, noch ihren Namen nennt." (Jean Dubuffet, Passage aus dem Katalogvorwort "L'art brut préféré aux arts culturels" zur Ausstellung der "Art brut", Galerie René Drouin, Paris 1949) Aus dieser Haltung resultiert eine große Risikobereitschaft und Offenheit, die in seiner eigenen Kunst durch eine enorme Wandlungsfähigkeit und vielfache Stilwechsel zum Ausdruck kommen. Ähnlich wie bei Pablo Picasso lässt sich sein Gesamtwerk in zahlreiche Perioden unterteilen, in denen das vorherig Erreichte immer wieder aufgegeben wird, um Neues hervorzubringen. So reicht sein Œuvre von den archetypischen Figuren der 1940er Jahre bis hin zu den ungestümen Entladungen gestischer Pinselzüge in seinen letzten gemalten Bildern, wobei die inhaltliche Vielfältigkeit ihr formales Pendant in der Verwendung und Kombination verschiedenster Materialien findet. Über alle Schaffensperioden hinweg hat Dubuffet mit seinem facettenreichen Gesamtwerk traditionelle Vorstellungen von Kunst und Ästhetik außer Kraft gesetzt und neue Arten des künstlerischen Ausdrucks etabliert. Sein Einfluss auf spätere Künstlergenerationen und die Öffnung des Kunstbegriffs gelten als sein großes Vermächtnis, sie machen ihn bis heute zu einem der wichtigsten Erneuerer der europäischen Malerei des 20. Jahrhunderts.

"Lampe et Balance I" von 1964 und der "L'Hourloupe"-Zyklus
Die Arbeiten des "L'Hourloupe"-Zyklus entstehen zwischen 1962 und 1974 und bilden im Gesamtwerk Jean Dubuffets die längste Schaffensperiode. Das Wort "hourloupe", so der Künstler, sei "wegen seines Klanges erfunden" worden. Im Französischen würde man dabei gleichzeitig an ein Ding oder eine Person denken, die märchenhaft oder grotesk sei und gleichzeitig eine tragische oder bedrohliche Ausstrahlung haben könne (vgl. Jean Dubuffet, Elocution faite à l'occasion de l'inauguration du groupe de quatre arbres, in: Jörn Merkert, Ingrid Krüger, Dubuffet-Retrospektive, Berlin 1980, S. 368). Anhand ihres unverkennbaren Stils, der sich ganz deutlich von den vorherigen Werkgruppen abhebt, sind die Arbeiten dieses Werkzyklus leicht zu identifizieren. Wie eine Art biomorphes Puzzle ziehen sich in den "Hourloupe"-Arbeiten schwarz umrandete Formen über die Leinwand. Ausgefüllt sind sie mit roten oder blauen Linien und Farbflächen, die Zwischenräume werden mit weißer Farbe aufgefüllt. Es sind die immer gleichen, reinen Farben, die hier zum Einsatz kommen und dabei stark an die Trikolore, die französischen Flagge, erinnern. Inspiration für diese so gefeierte Werkgruppe sollen kleine Skizzen gewesen sein, die Dubuffet während des Telefonierens mit roten, blauen und schwarzen Kugelschreibern auf Papier festhielt. Virtuos überträgt er dieses Prinzip auf die große Leinwand und erhebt, wie für sein Schaffen so typisch, die Alltagsskizze und somit das scheinbar Banale zur Kunst. Obwohl die "Hourloupe"-Arbeiten nahezu abstrakt wirken, lässt sich anhand der Titel ablesen, was Jean Dubuffet bei ihrer Entstehung im Sinn hatte, wie auch bei unserer Arbeit "Lampe et Balance I" aus dem Jahr 1964. Zunächst erfasst das Auge den charakteristischen, aus Einzelformen zusammengesetzten Farbteppich, der sich bis an die äußeren Ränder über die Leinwand erstreckt. Mit dem Hinweis aus dem Titel, Lampe und Waage, treten bei eingehender Betrachtung aus dem Farbgeflecht schließlich schemenhaft zwei Gegenstände hervor: links eine alte Dochtlampe und rechts eine Standwaage mit ihren zwei Schalen. Sie sind auf einem Tisch platziert, der nahezu den gesamten Bildraum einnimmt, wie sich anhand der verkürzten Tischbeine am unteren Bildrand erahnen lässt. Es ist ein virtuoser Balanceakt, den Jean Dubuffet hier vollzieht, zwischen klassischem Stillleben und maximaler Auflösung der Form. Durch den Verzicht auf jegliche Perspektive, den inhaltlich völlig freien Einsatz der Farbe und die puzzleartige Anordnung der ineinander übergehenden Einzelformen befreit er sich dabei ganz und gar von tradierten Stilmitteln und setzt spielerisch unsere Sehgewohnheiten außer Kraft.

Jean Dubuffets "Hourloupe"-Arbeiten werden im Entstehungsjahr von "Lampe et Balance I" erstmals ausgestellt im Palazzo Grassi in Venedig. Nur zwei Jahre später schenkt der Künstler das Gemälde der befreundeten Dr. Jacqueline Porret-Forel. Sie gilt als große Förderin der Art brut und insbesondere der Künstlerin Aloïse Corbaz. Zudem war sie Gründungsmitglied der "Collection de l’Art Brut" in Lausanne. Das Museum geht auf Jean Dubuffets Sammlung von Art-brut-Objekten zurück, die er 1972 der Stadt stiftete. In einem Schreiben an den Künstler, in dem sich Dr. Porret-Forel für "Lampe et Balance I" bei Jean Dubuffet bedankt, findet sie die schönen Worte: "Wir sind fasziniert von dem vielgestaltigen und multidimensionalen Charakter von Lampe et Balance I, der sich bei jedem Blick verändert ... Sie hätten uns keine größere Freude bereiten können." [AR]



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Jean Dubuffet
Lampe et Balance I, 1964.
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€ 500,000 - 700,000

 
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