Sale: 277 / XXth Century Classics and Munich School, Dec. 06. 2002 Lot 84

Gabriele Münter - Birkenallee


84
Gabriele Münter
Birkenallee, 1923.
Oil on cardboard
Estimate:
€ 50,000 / $ 53,500
Sold:
€ 78,200 / $ 83,674

(incl. surcharge)

Birkenallee
Öl auf Pappe , 1923
Rechts unten signiert und datiert. Rückseitig bezeichnet und betitelt, mit dem Nachlassstempel und der separat aufgeklebten Nr. L 272 sowie mit dem Stempel "Deutsche Kunstgemeinschaft", zudem mit der hs. Nr. 466. 32,8 x 40,6 cm ( 12,9 x 15,9 in).
Rückseitig eine verworfene zugestrichene Komposition sowie hs. von fremder (?) Hand kopfstehend am Oberrand bezeichnet "Frl. Münter Adalbertstr." (dort wohnte Münter im Winter 1908/09)

Mit einer Foto-Expertise von Franz Resch vom 23.3.1969.
Laut freundlicher Auskunft von Frau Ilse Holzinger, Gabriele Münter und Johannes Eichner Stiftung, München vom 15.10.2002 ist die Arbeit im Archiv aufgeführt (rückseitig auf dem Keilrahmen mit dem Etikett der Stiftung)

PROVENIENZ: Franz Resch, Gauting.
Privatsammlung Professor Nieschlag, Gauting.
Privatsammlung Schweiz.

1915 bis 1920 lebt Gabriele Münter in Skandinavien. In diese Zeit fällt auch die endgültige Trennung von Wassily Kandinsky. Nach ihrer Rückkehr muss sie wieder Anschluss an den deutschen Künstlerkreis suchen und finden. Da aus dem Beginn der zwanziger Jahre hauptsächlich Zeichnungen überliefert sind, festigt sich die Legende, Münter hätte um diese Zeit nicht gemalt. Um 1923 findet sie jedoch zur Malerei zurück und es sind die Murnauer Motive, die gleichsam am Anfang einer Wiederaneigung dieses Mediums stehen. Der Duktus wird aufgelöster, tonige Farbigkeit tritt an Stelle der oft schwarz umrandeten, fast homogenen Farbflächen, die bis dahin ihre Arbeiten bestimmten. Die Künstlerin sieht die Landschaft neu und mit anderen Augen. Sie spürt Differenzierungen in den Valeurs nach und kann doch aus dem Fundus ihrer Erfahrungen schöpfen, der ihr eine Farbwahl erlaubt, weit entfernt von spätimpressionistischer Ausdrucksweise. Im Gegenteil. Münter verwendet, wenn auch wesentlich gemildert, ihren alten Farbenkanon einer kräftigen Palette. Nach wie vor sind die Formen in sich verfestigt, wie in diesem Werk besonders in der Behandlung der Bäume und Berge nachzuvollziehen ist. Die kühne Teilung der Komposition durch den vorderen Birkenstamm lässt nichts von einer Zögerlichkeit ahnen, die gern in Zusammenhang mit den nach der Skandinavienreise aufgetretenen Depressionen gesehen wird. Es ist eine kraftvolle, spontane Malerei, die dem Bild jene Freiheit der Gestaltung gibt, die wir von den besten Arbeiten Münters erwarten. Das Umfeld der Künstlerin verändert sich. Nach Jahren ruheloser Wanderschaft findet sie in der Murnauer Landschaft die eigentliche Bestimmung für ihre Gemälde der Reifezeit. Sie kann auf bereits Erarbeitetes zurückgreifen ohne sich zu wiederholen. Es ist eine neue, ruhigere Sicht auf die Dinge. Gabriele Münter bestimmt von nun an sich selbst. [KD]




84
Gabriele Münter
Birkenallee, 1923.
Oil on cardboard
Estimate:
€ 50,000 / $ 53,500
Sold:
€ 78,200 / $ 83,674

(incl. surcharge)