Sale: 277 / XXth Century Classics and Munich School, Dec. 06. 2002 Lot 38

Gabriele Münter - In Stockholm


38
Gabriele Münter
In Stockholm, 1916.
Oil on canvas
Estimate:
€ 40,000 / $ 42,800
Sold:
€ 48,300 / $ 51,681

(incl. surcharge)

In Stockholm
Öl auf Leinwand , 1916
Rechts unten mit dem ligierten Monogramm und datiert. Rückseitig auf dem Keilrahmen signiert und datiert "1916.7." sowie eigenhändig bezeichnet "Straße." (wohl von anderer Hand ergänzt: in Stockholm). 60,5 x 45,5 cm ( 23,8 x 17,9 in).

Laut freundlicher Auskunft von Ilse Holzinger, Gabriele Münter und Johannes Eichner Stiftung, München, ist das Werk unter der Nummer "L 515" (alte Nummer "370") im Archiv der Stiftung verzeichnet

PROVENIENZ: Leonard Hutton Galleries, New York.
Franz Resch, Gauting.
Galerie Gunzenhauser, München.
Privatsammlung Nordrhein-Westfalen, seit Anfang der 1970er Jahre.

Gabriele Münters Aufenthalt in Skandinavien sollte viereinhalb Jahre dauern - vom Juli 1915 bis zum Februar 1920. In der Entstehungszeit unseres Gemäldes hält sie sich meist in Stockholm auf. In der Kunstgeschichtsschreibung ist diese Werkphase bisher überwiegend unter dem Aspekt der Trennung von Kandinsky beleuchtet worden, die aber aktuell eine neue Wendung erfährt. Auch ist die Bedeutung ihres Wegzugs von München für Münter selbst nicht zu unterschätzen, so schreibt sie 1917 in ihren Kalender: "Ich lebte im Prophetenstand - jetzt bin ich Weltkind geworden" (zit. nach: Gabriele Münter, 1877-1962, Retrospektive, Hrsg. A. Hoberg/H. Friedel, München 1992, S. 67). Nach ihrer Ankunft in Stockholm versucht die Künstlerin zunächst, sich mit dem dortigen Leben vertraut zu machen und ist sofort von der Stadt begeistert. Auch ist sie damit beschäftigt, das schwedische Kunstleben kennen zu lernen, um für sich und Kandinsky Ausstellungsmöglichkeiten zu finden. Durch die Teilnahme an einer Sammelausstellung bei Gummeson, wurden die Künstler erstmals auf sie aufmerksam. 1916 folgt eine Einzelausstellung, in der Münter schließlich - ohne weiter im Schatten Kandinskys zu stehen - großen Erfolg für sich verbuchen kann. Stilistisch ist die Künstlerin durch ihre schwedischen Kollegen, die ihrerseits zu den Matisse-Schülern zählen, dem fauvistischen Expressionismus zugeneigt. Es entstehen große figürliche Interieurs, Bildnisse oder, wie in unserem Fall, Straßenszenen. Die Künstlerin wendet sich nämlich in Schweden gänzlich von der mystifizierenden Landschaftsdarstellung und den Volkskunst integrierenden Stillleben ab. Der Mensch in seiner städtischen Umgebung wird zu einem ihrer zentralen Themen. In einer Seitenstraße Stockholms wartet zeitungslesend eine junge Dame im Pferdespänner, während ein schwarz gekleideter Mann das Café, das an den linken Bildrand gesetzt ist, betritt. Münter zeigt dem Betrachter diese Szene in einer Momentaufnahme, wobei sie genau dadurch Ruhe in die Komposition bringt. Die Zeit scheint still zu stehen. Mit großem Raffinement wählt sie das Kolorit. Kräftige Nuancen stehen leuchtend gegen das Grau des regnerischen Himmels: Zitronengelb und Ultramarin, Ziegelrot und Orange, von denen Nuancen anteilig auch dem Grau beigemischt sind. So entsteht ein Bild von hoher atmosphärischer Dichte, das gleichzeitig die malerischen Züge, aber auch die Einsamkeit der Großstadt eindringlich schildert. [DP]




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Gabriele Münter
In Stockholm, 1916.
Oil on canvas
Estimate:
€ 40,000 / $ 42,800
Sold:
€ 48,300 / $ 51,681

(incl. surcharge)