Sale: 300 / XXth Century Classics, June 02. 2006 Lot 367

 
Ernst Barlach - Frierendes Mädchen


367
Ernst Barlach
Frierendes Mädchen, 1916.
Bronze
Estimate:
€ 35,000 / $ 37,800
Sold:
€ 35,700 / $ 38,556

(incl. surcharge)

Frierendes Mädchen. 1916.
Bronze mit brauner Patina.
Schult 180. Links oben auf der Plinthe bezeichnet "EBarlach". Seitlich an der Plinthe mit dem Gießerstempel "H. Noack Berlin". Einer von 21 unnummerierten Güssen. 50 x 13,5 x 12,8 cm ( 19,6 x 5,3 x 5 in).
Posthumer Guss nach 1939.

Die Arbeit wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis "Ernst Barlach - Das plastische Werk" von Elisabeth Laur unter der Nr. 243 aufgenommen

PROVENIENZ: Privatbesitz Norddeutschland.

LITERATUR: Ernst Barlach, Deutsche Akademie der Künste, Berlin (Ost) 1951/52, Kat.Nr. 29 (Plastik).
Ernst Barlach, Plastik und Graphik, Ausst. Kat. Galerie Valentien, Stuttgart 1965, Nr. 6.
Ernst Barlach - Käthe Kollwitz, Ausst.Kat. Marlborough Fine Art Ltd., London 1967, Kat.Nr. 5, S 34 (mit Abb.).
Ernst Barlach 1870-1970, Deutsche Akademie der Künste, Berlin (Ost) 1970, S. 27 (mit Abb.).
Anita Beloubek-Hammer, Ernst Barlach, Leipzig 1996, S. 12.
Ernst Barlach. Mystiker der Moderne, Ausst.Kat. St. Katharinen, Ernst Barlach Gesellschaft, Hamburg 2003, S. 203.
Ernst Barlach. Bildhauer der Moderne, Ausst.Kat. Goethe-Institut Istanbul u.a., Ernst Barlach Gesellschaft, Hamburg/Istanbul 2006, Nr. I-180, S. 119 (mit ganzseitiger Farbabb.).

Die Ausbildung des norddeutschen Bildhauers und Grafikers Ernst Barlach beginnt in Hamburg. Hier besucht er ab 1888 die Gewerbeschule. 1891 führt ihn sein Weg an die Dresdner Akademie, wo er Meisterschüler von Robert Diez wird. Gefestigt wird Barlachs gründliche akademische Ausbildung durch zwei Studienaufenthalte in Paris 1895 und 1897. Eine 1906 unternommene Russlandreise beeinflusst sein künstlerisches Schaffen nachhaltig. Die Eindrücke des urwüchsigen Bauerntums und der russischen Volkskunst schlagen sich fortan in der kraftvollen und volksnahen Gestaltungsweise seiner Skulpturen nieder. 1910 lässt Barlach sich in Güstrow in Mecklenburg nieder.

Das plastische Werk von Ernst Barlach nimmt in der deutschen Kunst der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrunderts insofern eine Sonderstellung ein, als seine Arbeiten sich einer schematischen Einordnung entziehen. Anders als die zeitgenössischen Bildhauerkollegen hat Barlach schon sehr früh ein Formengut entwickelt, das oberflächlich aufgrund seiner fast kubischen Einfachheit als expressiv gelten möchte, es bei genauer Betrachtung jedoch nicht ist. Das besondere an seinen Plastiken ist ihre Geschlossenheit in Bezug auf die Verteilung der Massen. Barlach hat, auch dies ist eine Ausnahme, nahezu ausschließlich Gewandfiguren geschaffen, d.h. die reine Körperlichkeit ist immer verdeckt. Dass sie trotzdem sichtbar und vorhanden ist, bleibt Barlachs großer gestalterischer Kunst zu danken. Das frierende Mädchen in seiner in sich geschlossenen Statuarik ist der Inbegriff dessen, was Barlach ausdrücken will: Die eigentliche Aussage drängt sich nicht in den Vordergrund, Form und Inhalt gelangen zur Deckung. Sie bleibt einer künstlerischen Gestaltung untergeordnet, ohne jedoch an Kraft zu verlieren. Das sparsame Formengut wird optimal eingesetzt und im äußersten Falle zur Unterstützung der Aussage überbetont. Die klare Ruhe, die von den meisten der Barlachschen Figuren ausgeht, ist einer der glücklichen Fixpunkte, auf die sich der Betrachter verlassen kann.

Heute gilt Ernst Barlach als einer der bedeutendsten Bildhauer der Klassischen Moderne. Hervorragende Beispiele seiner expressionistischen Holz- und Bronzefiguren sind im Güstrower Dom, in der Marburger Elisabethkirche und in der Nationalgalerie Berlin zu sehen. Sein Wohn- und Atelierhaus in Güstrow ist als Museum zugänglich. [KD]




367
Ernst Barlach
Frierendes Mädchen, 1916.
Bronze
Estimate:
€ 35,000 / $ 37,800
Sold:
€ 35,700 / $ 38,556

(incl. surcharge)