Sale: 279 / Rare Books, May 19./20. 2003 Lot 1052

Winter - 44 eigh. Briefe u. Karten. Dabei: 16 Ausstellungskat. u. Monographien (davon 8 mit Widm.), 3 Porträtfotos sowie mehrere Beigaben (Zeitungsausschnitte etc.)


1052
Winter
44 eigh. Briefe u. Karten. Dabei: 16 Ausstellungskat. u. Monographien (davon 8 mit Widm.), 3 Porträtfotos sowie mehrere Beigaben (Zeitungsausschnitte etc.)
Estimate:
€ 1,000 / $ 1,070
Sold:
€ 3,565 / $ 3,814

(incl. surcharge)
Winter, Fritz, 44 eigh. Briefe u. Karten. Dabei: 16 Ausstellungskat. u. Monographien (davon 8 mit Widm.), 3 Porträtfotos sowie mehrere Beigaben (Zeitungsausschnitte etc.).
Umfangreiche Brieffolge an Dela Hillebrecht, die Witwe seines einstigen Kunstlehrers Rudolf Hillebrecht (1901-47), auf dessen entscheidenden Rat hin der junge Künstler sich 1927 an Paul Klee in Dessau gewandt hatte. Die persönlichen und freundschaftlichen Briefe erstrecken sich über einen Zeitraum von über zwanzig Jahren und dokumentieren in unmittelbarer Weise den Werdegang Winters von den ersten Nachkriegsjahren bis zu seinem Tod 1976. Zur Sprache kommen meist berufliche und familiäre Angelegenheiten, erwähnt werden Reisen, Ausstellungen, die Professuren in Hamburg und Kassel, Preise und Auszeichnungen, Bilderverkäufe, Publikationen über seine Werke, daneben die Arbeit an einzelnen Werken, das wachsende Interesse der Öffentlichkeit, Interviews, Besuche, Krankheiten und Krankenhausaufenthalte, zuletzt die Folgen der Schlaganfälle in den letzten beiden Lebensjahren. Schreibt Winter in den fünfziger Jahren noch mehrere und teils ausführliche Briefe im Jahr, so dünnt sich die Brieffolge in den Sechziger und Siebzigern allmählich aus und beschränkt sich auf ein bis zwei jährliche Briefe, in denen kursorisch die wichtigsten Neuigkeiten geschildert werden.

"... Die Arbeit an der [Hamburger] Landes Kunstschule ist erfreulich, aber anstrengend. Seit 14 Tagen ist meine Klasse die ich neben den Vorträgen auch habe von 9 auf 26 angestiegen und du kannst dir vorstellen welcher Arbeit es bedarf soviel Menschen Grund und Richtung zu geben. Ich habe zwar ein grosses eigenes Atelier in der Schule komme aber zu keinem Pinselstrich, da ich nach 5-6 Stunden völlig ermüdet bin. Ich habe insofern einen Ausgleich, als ich bei Freunden hier auf einem grossen Gut mit meiner Frau wohne, täglich mit dem Wagen nach Hamburg und zurück fahre, jeweils 3/4 Stunden, hier draussen ist es dann ruhig und erholsam, so kann ich denn auch meine Übungen und Vorlesungen langsam in einem Buch zusammenfassen. Eigentlich sollte ich morgen nach Recklinghausen fahren ... Du wirst verstehen dass ich diesen ganzen gesellschaftlichen Rummel nicht liebe, mich strengen Menschen immer an, am glücklichsten bin ich allein in meinem Atelier ... Ortega y Gasset ist mir durch sein Werk sehr bekannt ich schätze ihn sehr! Mit Begeisterung las ich übrigens 'Der alte Mann und das Meer', eine grosse und tiefe Sprache und Weisheit. Oft wenn ich längere Reisen machen muss benutze ich den Schlafwagen nicht etwa zum schlafen sondern zum lesen, es ist herrlich in der Bewegung getragen zu sein und zu lesen, diesen etwas kostpieligen Genuss gestatte ich mir manchmal, sehr zur Freude meiner Frau die ähnliche Ambitionen hat. Sonst habe ich keine übermässigen Ansprüche, als etwa die, meiner selbst und der Arbeit gerecht zu werden ..." (19. VI. 1953)

"... Paul Klee mein Meister und Lehrer hat wirklich eine neue wunderbare Welt eröffnet, ich hatte das Glück sein Schüler zu sein. Manche Dinge kenne ich aus seinem Atelier, als ich es als erster sah noch fragend "ist es gut?" Ja, die Fragwürdigkeit der Zeit bekommt nur durch die Kunst Einhalt ..." (22. XI. 1955)

"... gestern kamen wir von Ahlen zurück wo ich meine Mutter zu Grabe trug, in den letzten Monaten verlor ich mit meiner Mutter fünf liebe Menschen, darüber Frau Maria Marc die Witwe des Malers Franz Marc. Ich wage mich kaum noch an das Telefon immer wieder Todesnachrichten. - Trotz allem habe ich viel gearbeitet mit gutem Erfolg, die Ausstellung in New York war ein grosser Erfolg von 18 Bildern 13 verkauft ... Deine Arbeit ist sicherlich nicht einfach, die dauernde Sicht in das Elend macht müde. Ich selbst habe 10 Jahre lang Krieg und Gefangenschaft erfahren, was der Mensch ist und sein kann ..." (22. II. 1955)

"... Das vergangene Jahr ist mir fast in den Händen verflossen, was übrig bleibt werden ein paar Bilder sein die Bestand haben. Im Gegensatz zu unserer Zeit sehr stille ruhige Bilder, wie ein Beschauer meinte, es sind Bilder für eine Kirche ... Ich gehe ängstlicher an eine Arbeit als meine Schüler. Es gibt keinen Spieltrieb mehr, worum man die Jüngeren beneiden könnte, selbst ein frohes heiteres Bild, es gelingt, ist sicher mit grossen Stirnfalten gemalt. Ich erinnere mich an meinen Lehrer Klee seine heitersten Bilder entstanden als er schon sehr krank war. Auch die Gesichte der sog. Realität berühren einen weniger, dafür vermehrt sich die Verantwortung, ganz aus sich heraus eine neue Realität 'des Bildes zu schaffen'. Der einzige Anhaltspunkt man ist immer ganz allein. Hier bist du völlig allein, es gilt nur was du glaubst, erlebst, und Gestalt werden lassen kannst ..." (23. IX. 1961)




1052
Winter
44 eigh. Briefe u. Karten. Dabei: 16 Ausstellungskat. u. Monographien (davon 8 mit Widm.), 3 Porträtfotos sowie mehrere Beigaben (Zeitungsausschnitte etc.)
Estimate:
€ 1,000 / $ 1,070
Sold:
€ 3,565 / $ 3,814

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